Aktuelle Mandanteninformation 09/2018
24.08.2018
Aktuelle Mandanteninformation 09/2018Inhalt
Kindergeld und Freibeträge: Bundesregierung möchte Steuerzahler ab 2019 entlastenDirekt zu Beginn ihrer Amtszeit hat die neue Bundesregierung den Entwurf für ein Familienentlastungsgesetz beschlossen. Konkret ist geplant, das Kindergeld ab 01.07.2019 um monatlich 10 EUR pro Kind anzuheben. Damit erhielten Eltern ab diesem Zeitpunkt monatlich folgende Zahlungen:
Mit der Anhebung geht auch eine Erhöhung des Kinderfreibetrags in zwei Schritten einher. Im ersten Schritt soll eine Erhöhung ab 2019 auf 4.980 EUR und in einem zweiten Schritt ab 2020 auf 5.172 EUR erfolgen. Das Finanzamt prüft bei der Einkommensteuerveranlagung automatisch, ob der Abzug des Kinderfreibetrags oder das Kindergeld für Sie als Steuerzahler günstiger ist. Doch die Bundesregierung möchte nicht nur die Familien entlasten, sie hat auch Erleichterungen für alle anderen Steuerzahler geplant. So soll der Grundfreibetrag ab 2019 auf 9.168 EUR und ab 2020 auf 9.408 EUR ansteigen. Damit einhergehend können Steuerzahler, die einen Angehörigen mit Unterhaltszahlungen unterstützen, ab 2019 auch größere Teile ihrer Unterstützungsleistungen steuerlich geltend machen. Schließlich ist noch geplant, die sogenannte kalte Progression auszugleichen. Darunter versteht man die Steuermehrbelastung, die eintritt, wenn die Einkommensteuersätze nicht an die Preissteigerung angepasst werden. Nach Abschluss der Beratungen über das Gesetz erfolgen noch detailliertere Informationen zu den Entlastungen.
GmbH-Beteiligung: Nachträgliche Schuldzinsen sind ab 2009 nicht mehr abziehbarSeit der Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 können Kapitalanleger bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen nicht mehr ihre tatsächlichen Werbungskosten, sondern nur noch den Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR (bei Zusammenveranlagung: 1.602 EUR) pro Jahr abziehen. Hinweis: Das Werbungskostenabzugsverbot gilt erstmalig für Kapitalerträge, die nach dem 31.12.2008 zufließen. Ein früherer GmbH-Geschäftsführer aus Niedersachsen hat nun vor dem Bundesfinanzhof (BFH) versucht, seine in 2010 gezahlten Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften abzuziehen. Die Zinszahlungen resultierten aus Darlehensverbindlichkeiten, die ihm infolge der Auflösung der GmbH im Jahr 2005 verblieben waren. Er argumentierte vor Gericht, dass die nachlaufenden Zinszahlungen folglich mit vor 2009 zugeflossenen Kapitalerträgen zusammenhingen, so dass das Werbungskostenabzugsverbot noch nicht gelte. Ab 2009 hätten ihm schließlich keine Kapitalerträge aus der GmbH-Beteiligung mehr zufließen können. Der BFH ließ sich von dieser Argumentation jedoch nicht überzeugen und erkannte die Zinszahlungen steuerlich nicht an. Das Gericht verwies auf seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2014, nach der nachträgliche Schuldzinsen für die Finanzierung einer wesentlichen Kapitalbeteiligung (des Privatvermögens) ab 2009 nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können, weil auch in diesem Fall das Werbungskostenabzugsverbot greift. Aus der entsprechenden Anwendungsvorschrift zum Werbungskostenabzugsverbot könne nicht geschlossen werden, dass nachträgliche Schuldzinsen stets vollständig als Werbungskosten abziehbar seien, wenn aus der zugrundeliegenden Kapitalanlage ab 2009 keine Erträge mehr flössen. Diese Annahme würde nach Meinung des Gerichts zu Systembrüchen bei der Abgeltungsteuer führen.
Fremdgeschäftsführer einer GmbH: Gehaltsansparung für vorzeitigen Ruhestand führt noch nicht zu LohnzuflussWenn Arbeitsparteien ein sogenanntes Zeitwertkonto einrichten, kann der Arbeitnehmer darauf Teile seines fälligen Arbeitslohns "ansparen", um diesen dann in einer späteren Freistellungsphase - beispielsweise dem vorgezogenen Ruhestand - ausgezahlt zu bekommen. Die Finanzverwaltung vertritt den steuergünstigen Standpunkt, dass die angesparten Lohnbestandteile in der Regel erst bei ihrer tatsächlichen Auszahlung in der Freistellungsphase versteuert werden müssen - erst dann gilt der Arbeitslohn steuerlich als zugeflossen. Anders sieht es bei Arbeitnehmern aus, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt sind (z.B. Vorstandsmitglieder einer AG oder GmbH-Geschäftsführer): Bei ihnen fällt nach Meinung der Finanzverwaltung bereits dann (Lohn-)Steuer an, wenn der fällige Arbeitslohn in der Ansparphase auf dem Zeitwertkonto gutgeschrieben wird. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dieser Sichtweise nun für Fremdgeschäftsführer einer GmbH (die nicht selbst an der Gesellschaft beteiligt sind) widersprochen. Im Urteilsfall hatte ein Geschäftsführer mit seiner GmbH zur Finanzierung seines vorgezogenen Ruhestands vereinbart, dass er auf die Auszahlung laufender Bezüge in Höhe von 6.000 EUR monatlich verzichtet und diese Lohnbeträge auf einem Zeitwertkonto angespart werden, um in der späteren Freistellungsphase zur Auszahlung zu kommen. Die GmbH führte während der Ansparphase keine Lohnsteuer auf die angesparten Bezüge ab. Das Finanzamt vertrat jedoch den Standpunkt, dass bereits bei der Ansparung ein Zufluss von Arbeitslohn vorgelegen habe, so dass Lohnsteuer anfalle. Der BFH gab dem Geschäftsführer recht und urteilte, dass dieser bei Gutschrift auf dem Zeitwertkonto noch keine Lohnauszahlung erhalten habe und über die Gutschriften in der Ansparphase auch noch nicht habe verfügen können. Die getroffene Vereinbarung sei auch keine Vorausverfügung des Geschäftsführers über seinen Arbeitslohn gewesen, die den Zufluss bereits bei Gutschrift bewirkt hätte. Der BFH widerspricht der Sichtweise der Finanzverwaltung und verweist darauf, dass Fremdgeschäftsführer einer Kapitalgesellschaft wie alle anderen Arbeitnehmer zu behandeln seien. Die bloße Organstellung als Geschäftsführer sei für den Zufluss von Arbeitslohn ohne Bedeutung. Der BFH weist weiter darauf hin, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung lediglich bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft eine Ausnahme mache. Bei ihnen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind. Hinweis: Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung zum Lohnzufluss in der Ansparphase nun zumindest im Hinblick auf Fremdgeschäftsführer aufgeben wird.
Steuerbonus für Handwerkerleistungen: Baukostenzuschuss für öffentliche Mischwasserleitung nicht begünstigtHandwerkerleistungen im Privathaushalt können mit 20 % der Lohnkosten, maximal 1.200 EUR pro Jahr, von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen werden. Bereits 2014 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass private Auftraggeber auch Handwerkerleistungen abziehen können, die jenseits der eigenen Grundstücksgrenzen auf öffentlichem Grund erbracht werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Leistungen
Konkret anerkannt hatte der BFH damals Handwerkerlöhne, die für den nachträglichen Anschluss eines Privatgrundstücks an das Wasserverteilungsnetz angefallen waren (Hauswasseranschlusskosten). Nach Gerichtsmeinung muss der gesetzliche Begriff "im Haushalt" nicht streng räumlich, sondern eher funktional ausgelegt werden. In einem neuen Urteilsfall hat der BFH die Grenzen der Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen nun erneut ausgeleuchtet und entschieden, dass gezahlte Baukostenzuschüsse für öffentliche Mischwasserleitungen nicht als Handwerkerleistungen abziehbar sind. Geklagt hatten Eheleute, deren Haus im Jahr 2011 an die zentrale Kläranlage angeschlossen worden war. Zuvor hatten sie ihr Abwasser über eine eigene Sickergrube entsorgt. Der Abwasserzweckverband hatte für den Bau der erforderlichen Mischwasserleitung, die zum öffentlichen Sammelnetz gehörte, einen Baukostenzuschuss erhoben, den die Eheleute anteilig als Handwerkerleistung in der Einkommensteuererklärung geltend machten. Der BFH lehnte einen Kostenabzug jedoch ab und verwies darauf, dass der erforderliche räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt fehle, da die Kosten für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung angefallen waren. Ein solcher Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes komme nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugute. Der Ausbau wurde mithin nicht "im Haushalt" erbracht. Hinweis: Nach der BFH-Rechtsprechung muss also unterschieden werden, ob eine Baumaßnahme das öffentliche Sammelnetz (= nicht steuerbegünstigt) oder den eigentlichen Haus- oder Grundstücksanschluss (= steuerbegünstigt) betrifft.
EuGH-Vorlage: Wertgrenzen der Kleinunternehmerregelung bei GebrauchtwagenhändlernUnternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr die Grenze von 17.500 EUR nicht überschritten hat und die im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich die Umsatzgrenze von 50.000 EUR nicht überschreiten, werden umsatzsteuerlich als "Kleinunternehmer" eingestuft, so dass das Finanzamt bei ihnen keine Umsatzsteuer erhebt. Bei Wiederverkäufern (z.B. Gebrauchtwagenhändlern), die der Differenzbesteuerung unterliegen, richtet sich der "Gesamtumsatz" im Sinne der Kleinunternehmerregelung nach Ansicht der Finanzverwaltung nach dem vereinnahmten Entgelt und nicht nach dem Differenzbetrag zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis. Hinweis: Bei der Differenzbesteuerung wird die Umsatzsteuer - wie der Name schon sagt - nur für die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis berechnet. Ein Gebrauchtwagenhändler mit Differenzbesteuerung ist gegen die Sichtweise der Finanzverwaltung nun gerichtlich vorgegangen. Seine Jahresumsätze betrugen - bei Zugrundelegung der vereinnahmten Entgelte - 27.358 EUR (in 2009) und 25.115 EUR (in 2010), so dass sein Finanzamt die Wertgrenzen der Kleinunternehmerregelung als überschritten ansah und eine Einordnung als Kleinunternehmer ablehnte. Der Händler hingegen war der Ansicht, dass auf seine niedrigere Handelsspanne (= Differenzbetrag zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis) von 17.328 EUR (in 2009) und 17.470 EUR (in 2010) abzustellen sei, weshalb er als Kleinunternehmer gelte und keine Umsatzsteuer schulde. Der Fall gelangte bis vor den Bundesfinanzhof (BFH), der nun dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt hat, ob bei der Prüfung der Wertgrenzen der Kleinunternehmerregelung in Fällen der Differenzbesteuerung lediglich die (niedrigeren) Handelsspannen maßgeblich sind. Hinweis: Das Verfahren ist von erheblicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung in der Gebrauchtwagenbranche. Im Vorlagebeschluss lässt der BFH durchscheinen, dass er selbst auf die Handelsspanne abstellen würde. Der Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten - entsprechende gleichgelagerte Fälle können vorerst mit einem Einspruch offengehalten werden.
Anzahlungen von Bauleistungen: Anpassung des Umsatzsteuer-AnwendungserlassesDas Bundesfinanzministerium hat am 29.05.2018 ein Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Anzahlungen für Bauleistungen veröffentlicht. Die Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses sind in diesem Zusammenhang bezüglich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen angepasst worden. Im Fokus der Änderungen stehen die Anzahlungen. Es geht dabei vor allem um den Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlungen und die Frage nach der Steuerschuld. In den Fällen, in denen die Voraussetzungen für die Steuerschuld des Leistungsempfängers im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlungen nicht vorliegen, schuldet nunmehr der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer. Sofern der Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Leistungserbringung die Voraussetzungen als Steuerschuldner erfüllt, bleibt die bisherige Besteuerung der Anzahlungen beim leistenden Unternehmer bestehen. Hinweis: Diese Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung beanstandet es jedoch auch nicht, wenn Steuerpflichtige für bis zum 31.12.2018 geleistete Anzahlungen die bisherige Fassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses nutzen.
6%ige Nachzahlungszinsen: Finanzämter gewähren Aussetzung der VollziehungDer Bundesfinanzhof (BFH) hat jüngst in einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) entschieden, dass der gesetzliche Zinssatz von jährlich 6 % für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015 schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnet. Hinweis: Mit diesem vielbeachteten Beschluss erhielt ein Ehepaar recht, das nach einer Außenprüfung eine Einkommensteuernachzahlung von 1,98 Mio. EUR leisten sollte. Da die Steuerzahlung ein Altjahr betraf, hatte das Finanzamt 6%ige Nachzahlungszinsen (insgesamt 240.831 EUR) eingefordert. Der BFH setzte die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang aus. Aufgrund dieser Rechtsprechung hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun in einem neuen Schreiben erklärt, in welchem Rahmen die Finanzämter eine AdV auch in anderen Fällen gewähren dürfen. Konkret gilt:
Hinweis: Das BMF stellt klar, dass die Finanzverwaltung trotz der AdV-Gewährung nicht an der Verfassungsmäßigkeit des 6%igen Zinssatzes zweifelt.
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