Aktuelle Mandanteninformation 03/2019
27.02.2019
Aktuelle Mandanteninformation 03/2019Inhalt
Gesetzgebung: Bundesregierung bringt steuerliche Begleitregelungen zum Brexit auf den WegDie Bundesregierung hat am 12.12.2018 den Entwurf eines Gesetzes über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU, das sogenannte Brexit-Steuerbegleitgesetz, verabschiedet. In diesem sind verschiedene steuerliche Regelungen enthalten, die darauf reagieren, dass nach dem Brexit das Vereinigte Königreich für steuerliche Zwecke als Drittstaat zu behandeln wäre. Für diesen Fall ist vorgesehen, dass Bestimmungen im Bundesrecht, die auf die Mitgliedschaft in der EU oder in der Europäischen Atomgemeinschaft Bezug nehmen, während des Übergangszeitraums grundsätzlich auch auf das Vereinigte Königreich anzuwenden sind. Konkret sind folgende steuerliche Regelungen vorgesehen:
Der Gesetzentwurf wird im Frühjahr 2019 im Bundestag beraten. Wir halten Sie weiterhin auf dem Laufenden.
Grundstücksenteignung: Kann hoheitlicher Zwang zu privaten Veräußerungsgewinnen führen?Enteignungen sind in Deutschland sehr selten. Aber in Ausnahmefällen ist solch ein hoheitlicher Eingriff in die private oder betriebliche Vermögenssphäre durchaus möglich. Und das deutsche Steuerrecht gibt es natürlich her, dass man sich direkt im Anschluss über die geflossene Entschädigungszahlung streiten kann. Solch ein seltener Fall wurde kürzlich vor dem Finanzgericht Münster (FG) behandelt: Ein ehemaliger Grundstückseigentümer war nicht nur enteignet worden, sondern sollte auf die erhaltene Entschädigungszahlung auch noch anteilig Einkommensteuer entrichten. Einen Teil des Grundstücks hatte er nämlich erst vier Jahre zuvor bei einer Zwangsversteigerung erworben. Und Grundstücksveräußerungen innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb sind meist steuerpflichtig. Aber - so das FG - das Einkommensteuergesetz spricht in diesem Zusammenhang von einem "Veräußerungsgeschäft". Und so ein "Geschäft" erfordert immer eine entgeltliche und vor allem willentliche Übertragung des Eigentums an einem Grundstück. Von einer willentlichen Übertragung konnte im Streitfall aber nicht die Rede sein, weil der ehemalige Eigentümer ja nicht enteignet werden wollte. Die Entschädigung wurde ihm quasi hoheitlich aufgezwungen. Ohne Veräußerung konnte es aber auch keine Steuerpflicht geben - und die Einkommensteuerforderung musste zurückgenommen werden. Hinweis: Sie mussten in einer Zwangslage Ihr Grundstück veräußern oder verhandeln aktuell über eine eventuelle Entschädigung? In der Regel ist auch ein Verkauf unter Zwang steuerpflichtig. Der im Artikel beschriebene Fall ist eine Ausnahme, weil es sich dabei um eine echte Enteignung handelte.
Enteignung von Anleihen: Verlust kann mit Aktiengewinnen verrechnet werdenDie Bankenkrise von 2008 haben die meisten Menschen schon wieder vergessen, aber für Kapitalanleger sind ihre Konsequenzen immer noch spürbar. Und auch für die Finanzgerichte (FG) ist das Thema noch aktuell. Denn Aktienverluste können seit 2009 nur noch mit Aktiengewinnen verrechnet werden. So hatte das FG Düsseldorf kürzlich über den Fall eines Rechtsanwalts zu entscheiden, dessen 2013 erworbene niederländische Bankanleihen ohne Entschädigung verstaatlicht worden waren. Den aus dieser Enteignung resultierenden Verlust von ca. 35.000 EUR wollte er mit Gewinnen aus anderen Aktiengeschäften verrechnen. Das Finanzamt lehnte dies ab, weil der Rechtsanwalt den Verlust nicht freiwillig durch einen Verkauf der Anleihen realisiert hatte. Ohne Gegenleistung gebe es keine Veräußerung und auch keinen Verlust. Denn laut Gesetz könne nur der Unterschiedsbetrag zwischen Kauf- und Verkaufspreis als Gewinn oder Verlust gelten. Das FG folgte zum Glück des Rechtsanwalts einer anderen Logik: Denn die Verlustverrechnung setzt zwar tatsächlich eine Veräußerung bzw. einen Verkaufspreis voraus. Aber auch eine Enteignung ohne Gegenleistung kommt einer entgeltlichen Veräußerung gleich. Nach Auffassung des FG ist der Verlust also eingetreten und kann mit Gewinnen aus derselben Einkunftsart verrechnet werden. Die Richter wiesen auch darauf hin, dass - sofern der Rechtsanwalt später doch noch eine Entschädigung erhalten sollte - der Verlust problemlos nach unten korrigiert werden kann.
Außensteuergesetz: Keine Einkünftekorrektur bei sanierungsbedingter VergünstigungDas Außensteuergesetz ist eine Sammlung steuerlicher Vorschriften, die grenzüberschreitende Liefer-, Leistungs- und Gesellschaftsbeziehungen einem strengen Fremdvergleich unterwerfen. Sollte dieser bzw. die Fremdüblichkeit der Konditionen nicht erfüllt sein, kommt es bei der nationalen Besteuerung zu einer Korrektur der Einkünfte. Beispiel: Eine in Deutschland ansässige Muttergesellschaft gibt ihrer niederländischen Tochtergesellschaft ein Darlehen. Die vereinbarten Zinsen sind um 10.000 EUR pro Jahr zu niedrig im Vergleich zu mehreren Finanzierungsangeboten von Kreditinstituten. Nach dem Außensteuergesetz werden die Zinseinkünfte der deutschen Muttergesellschaft um 10.000 EUR erhöht. Das Gesetz unterscheidet dabei nicht, ob die Vergünstigung absichtlich oder unabsichtlich eingeräumt worden ist. Der oben dargestellte Sachverhalt war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die "Hornbach"-Baumarkt-Unternehmung klagte gegen eine Einkünfteerhöhung durch das deutsche Finanzamt. Dieses hielt die vereinbarten Zinsen für zu niedrig. Die Darlehensgeberin argumentierte, dass die Vergünstigung eine Sanierung des Tochterunternehmens bewirken sollte. Ohne die Vergünstigung wäre die wirtschaftliche Existenz der gesamten Unternehmensgruppe gefährdet gewesen. Dieses Argument überzeugte die europäischen Richter: Die nationalen Vorschriften des Außensteuergesetzes müssten gebietsansässigen Steuerpflichtigen die Möglichkeit des Nachweises geben, dass Bedingungen aus wirtschaftlichen Gründen vereinbart worden seien. Mit aktuellem Schreiben lenkte nun auch die Finanzverwaltung ein und erklärte das Urteil jedenfalls für den Fall anwendbar, dass fremdunübliche Konditionen zum Zwecke der Sanierung vereinbart würden. Zur Anerkennung dieser Konditionen verlangte die Finanzverwaltung jedoch (insbesondere), dass die Sanierungsfähigkeit und Sanierungsbedürftigkeit des begünstigten Unternehmens nachgewiesen werden müsse. Achtung: Der EuGH begründete seine Entscheidung mit der Niederlassungsfreiheit, die bekanntlich ausschließlich innerhalb der EU gilt. Mithin ist die Aufweichung des Außensteuergesetzes nicht anwendbar, wenn es sich um Fälle mit Drittstaaten handelt.
Vollständige Anschrift in Rechnungen: Anpassung des Umsatzsteuer-AnwendungserlassesDas Bundesfinanzministerium hat am 07.12.2018 ein Schreiben zur Angabe einer Briefkastenadresse in einer Rechnung veröffentlicht. Die Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses sind in diesem Zusammenhang angepasst worden. Bereits der Europäische Gerichtshof und nachfolgend der Bundesfinanzhof hatten entschieden, dass es als Absenderangabe für eine Rechnung ausreichend sei, wenn der leistende Unternehmer eine Anschrift angebe, unter der er postalisch erreichbar sei. Die Angabe der Anschrift, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet, sei nicht zwingend notwendig. Insofern sei als eine ordnungsgemäße Rechnung auch eine solche anzuerkennen, die eine sogenannte Briefkastenanschrift enthalte. Die Finanzverwaltung setzt diese Rechtsprechung nun für alle offenen Fälle um und hat den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend geändert. Wenn ein Unternehmer von einem anderen Unternehmer eine Leistung für sein Unternehmen bezieht, kann er grundsätzlich den Vorsteuerabzug geltend machen. Voraussetzung dafür ist eine ordnungsgemäße Rechnung, die einen vollständigen Namen und eine vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers enthält. Der Vorsteuerabzug setzt jedoch nicht in allen Fällen eine ordnungsgemäße Rechnung voraus. In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs sowie des Reverse-Charge-Verfahrens ist sie nicht erforderlich. Hinweis: Diese Grundsätze sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Ungeklärt bleibt nach wie vor die Frage der rückwirkenden Rechnungsberichtigung. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung äußert.
Betreiber von elektronischen Marktplätzen: BMF veröffentlicht BescheinigungDas Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 17.12.2018 ein Schreiben zur Bescheinigung des Handels auf elektronischen Marktplätzen veröffentlicht. Durch die Einführung des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften wird der neue § 22f in das Umsatzsteuergesetz eingeführt. Dieser regelt die besonderen Pflichten der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes und tritt zum 01.01.2019 in Kraft. Betreiber elektronischer Marktplätze sollen verpflichtet werden, Angaben von Nutzern, für deren Umsätze in Deutschland eine Steuerpflicht in Betracht kommt, aufzuzeichnen. Dies betrifft alle Lieferungen, die in Deutschland beginnen oder enden, sowohl den rein inländischen Verkauf (deutsches Lager an deutsche Kunden) als auch grenzüberschreitende Verkäufe aus anderen EU-Staaten oder Drittstaaten, die unter den Anwendungsbereich fallen. Es spielt keine Rolle, ob der Nutzer ein Inländer ist. Hierdurch wird der Finanzverwaltung die Möglichkeit verschafft zu prüfen, ob der liefernde Unternehmer oder Nutzer seinen steuerlichen Pflichten ordnungsgemäß nachkommt bzw. nachgekommen ist. Das BMF hat in diesem Zusammenhang die entsprechenden Vordruckmuster (Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung und die Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger) bekanntgegeben. Die Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger wird auf Antrag vom zuständigen Finanzamt erstellt. Der Antragsteller kann das Vordruckmuster verwenden. Auch ein formloser Antrag, der die verlangten Angaben enthält, ist hier möglich. Der Antrag ist schriftlich per Post oder per E-Mail an das zuständige Finanzamt zu übermitteln. Hinweis: Die Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger ist längstens gültig bis zum 31.12.2021.
Grunderwerbsteuer: Konzernklausel gilt nicht als verbotene BeihilfeDie Grunderwerbsteuer ist in Deutschland nicht nur zu zahlen, wenn ein Grundstück von einem Verkäufer auf einen Erwerber übertragen wird. Vielmehr kämpfen auch Konzerne mit dieser Verkehrssteuer. Wenn zum Beispiel eine Muttergesellschaft zwei Enkelgesellschaften miteinander verschmelzen möchte, weil dies aus unternehmerischen Gründen notwendig erscheint, muss bei dieser Umwandlung unter Umständen Grunderwerbsteuer gezahlt werden. Wenn also gerade in unteren Gesellschaften eines Konzerns (bezogen auf die Beteiligungshierarchie) Grundstücke existieren, erweisen sich diese Gesellschaften wie tonnenschwere Anker, die man mit sich herumschleppt, da sie Umwandlungen verhindern oder zumindest erschweren. Genau diesen Missstand sollte eigentlich die Konzernklausel beheben, sie war also vom Gesetzgeber gut gemeint. Der Bundesfinanzhof (BFH) bezweifelte allerdings, dass diese Klausel - ebenso wie die Konzernklausel beim Verlustuntergang - einer unionsrechtlichen Prüfung standhalten könnte. Kurz vor Weihnachten 2018 gaben die Richter des Europäischen Gerichtshofs jedoch bekannt, dass sie in der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel keine verbotene staatliche Beihilfe im Sinne des EU-Rechts erkennen könnten. Hinweis: Umstrukturierungen in einem Konzern können nun also leichter gelingen. Beachten Sie jedoch, dass für die Anwendung der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel erforderlich ist, dass an der Spitze des Konzerns ein einziges Unternehmen steht. Eine Doppel- oder gar Mehrfachspitze ist unzulässig.
Realteilung: Aktualisierung der VerwaltungsmeinungWenn Personengesellschafter sich streiten und die Personengesellschaft auflösen, werden die Wirtschaftsgüter oftmals untereinander aufgeteilt. Handelt es sich um eine gewerblich tätige Personengesellschaft, werden die Wirtschaftsgüter häufig weiterhin zu gewerblichen Zwecken (z.B. Einzelunternehmen der Gesellschafter) genutzt. Im Steuerrecht nennt man dies "Realteilung". Dazu gibt es eine kurze gesetzliche Regelung und ein erläuterndes Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF). Dabei ging die Finanzverwaltung in der Vergangenheit davon aus, dass eine Realteilung mit Fortführung der Buchwerte der verteilten Wirtschaftsgüter in den Einzelunternehmen nur vorlag, wenn der Betrieb der Personengesellschaft zerschlagen wurde. 2015 entschied der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch über einen Fall, in dem ein Personengesellschafter unter Mitnahme eines Teilbetriebs aus einer Personengesellschaft ausgeschieden war und der Betrieb im Übrigen von den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt wurde. Auch hierunter verstanden die Richter eine Realteilung und erlaubten sowohl dem Ausscheidenden als auch den verbleibenden Gesellschaftern, die Buchwerte fortzuführen. Im Jahr 2017 forcierte der BFH diese Sichtweise sogar noch und betrachtete sogar einen Fall als Realteilung, in dem ein Personengesellschafter gegen Mitnahme eines einzelnen Wirtschaftsguts aus einer Personengesellschaft ausgeschieden war. Da die Personengesellschaft nur zwei Gesellschafter hatte, wuchs diese dem verbleibenden Gesellschafter an und dieser führte sie als Einzelunternehmen nahezu unverändert fort. Das BMF schloss sich nun mit seinem aktualisierten Schreiben zur Realteilung dieser Sichtweise an. Hinweis: Die Tatsache, dass die Finanzverwaltung knapp anderthalb Jahre mit der Anerkennung der Rechtsprechung gerungen hat, zeigt, dass abzusehen ist, dass noch weitere Streitfragen wahrscheinlich sind.
Internetverkäufe: Schwelle zum gewerblichen Handel überschrittenWer seinen Keller oder Dachboden entrümpelt und den vorgefundenen Hausrat im Internet verkauft, hat in der Regel keine steuerlichen Konsequenzen zu befürchten - als Privatverkäufer entfaltet seine Tätigkeit keine steuerliche Relevanz. Anders sieht es aus, wenn er Wertgegenstände wie Schmuck, Kunstgegenstände, Antiquitäten oder Sammlerobjekte innerhalb eines Jahres nach Anschaffung gewinnbringend veräußert. In diesem Fall erzielt der Privatverkäufer einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft, den er in seiner Einkommensteuererklärung angeben und mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz versteuern muss. Gewinne bleiben aber steuerfrei, wenn der Gesamtgewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften weniger als 600 EUR im Kalenderjahr beträgt. Ein Internethandel kann sich aber von einem (regelmäßig steuerfreien) Privatverkauf zu einem (steuerpflichtigen) gewerblichen Handel entwickeln. Die Kriterien für diesen "Grenzübertritt" sind:
Je mehr der genannten Kriterien erfüllt sind, umso wahrscheinlicher liegt ein gewerblicher Handel vor, der beim Finanzamt anzumelden ist. In diesem Fall sind folgende steuerliche Konsequenzen zu beachten:
Hinweis: Wer als Onlinehändler die Merkmale der Gewerblichkeit erfüllt, sollte frühzeitig mit offenen Karten spielen und seine Umsätze und Gewinne beim Fiskus angeben. Da die Finanzbehörden die Verkaufsaktivitäten gewerblicher Internethändler mittlerweile über spezielle Analyseprogramme aufdecken können, lassen sich Verkäufe im großen Stil nur schwer verheimlichen. Werden gewerbliche Händler im Nachhinein enttarnt, drohen ihnen erhebliche Steuernachzahlungen und Zinsforderungen sowie ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung.
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