Aktuelle Mandanteninformation 07/2018
15.06.2018
Aktuelle Mandanteninformation 07/2018
Absicherung einer Versorgungszusage: Betrag zur Rückdeckung ist im Zahlungsjahr komplett absetzbarWenn Unternehmer ihren Gewinn per Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, lassen sich Betriebsausgaben in der Regel in dem Kalenderjahr abziehen, in dem sie geleistet werden (z.B. durch Überweisung oder Hingabe von Bargeld). Dieses sogenannte Abflussprinzip wird allerdings bei Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für nichtabnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wertpapiere des Umlaufvermögens (sowie vergleichbare nichtverbriefte Forderungen und Rechte) durchbrochen: Für diese (und weitere) Kosten bestimmt das Einkommensteuergesetz, dass sie erst absetzbar sind, wenn die Wirtschaftsgüter wieder veräußert (oder entnommen) werden. Der Buchwert des Wirtschaftsguts lässt sich steuerlich erst in Abzug bringen, wenn der Veräußerungsgewinn zufließt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Einmalzahlung zum Erwerb einer Rückdeckungsforderung im Jahr der Zahlung als Betriebsausgabe abgesetzt werden kann und hinsichtlich des sogenannten Sparanteils nicht unter die Sonderregelung des aufgeschobenen Betriebsausgabenabzugs fällt. Geklagt hatte ein selbständiger Zahnarzt, der seiner in der Praxis tätigen Ehefrau eine Versorgungszusage über eine lebenslange Altersrente erteilt hatte. Zur Absicherung dieser Zusage schloss er eine Rückdeckungsversicherung (aufgeschobene Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht) ab und zahlte hierfür im Jahr 2007 einen einmaligen Versicherungsbeitrag, der sich aus einem Sparanteil von 45.300 EUR und einem Risikoanteil von 3.400 EUR zusammensetzte. Das Finanzgericht erkannte nur den Risikoanteil als sofort abziehbare Betriebsausgabe an. Vor dem BFH konnte der Zahnarzt jedoch den sofortigen Abzug des kompletten Betrags von 48.700 EUR durchsetzen. Das Gericht urteilte, dass die Regeln zum aufgeschobenen Betriebsausgabenabzug vorliegend nicht greifen, weil der Rückdeckungsanspruch nicht zum (nichtabnutzbaren) Anlagevermögen zählt, sondern nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Forderung gegen den Versicherer ist, die zum Umlaufvermögen gehört. Mit dem Erwerb des Anspruchs hatte der Zahnarzt zudem auch keine Wertpapiere oder vergleichbaren nichtverbrieften Forderungen und Rechte erworben.
Übertragung stiller Reserven: BMF beleuchtet Stundungsmöglichkeit für EU-BetriebsvermögenUm Unternehmen ökonomisch sinnvolle Strukturveränderungen wie beispielsweise Standortverlagerungen oder Produktionsanpassungen zu ermöglichen und eine Substanzbesteuerung des Anlagevermögens zu vermeiden, lässt das Einkommensteuergesetz eine steuerfreie Übertragung von stillen Reserven zu, die bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter aufgedeckt werden. Der Unternehmer kann den Veräußerungsgewinn, in dem die stillen Reserven realisiert werden, entweder bei der Anschaffung anderer Wirtschaftsgüter (im Jahr der Veräußerung) von den Anschaffungskosten abziehen oder eine gewinnmindernde Rücklage bilden und auf Wirtschaftsgüter übertragen, die in Folgejahren angeschafft werden. Beide Begünstigungen sind ausgeschlossen, wenn ein Unternehmen in Wirtschaftsgüter reinvestiert, die nicht zu einer deutschen Betriebsstätte gehören. Weil diese gesetzlich vorgesehene Beschränkung auf Inlandsfälle europarechtswidrig ist, hat der Gesetzgeber für Betriebsvermögen in anderen EU- bzw. EWR-Mitgliedstaaten ein Wahlrecht geschaffen, nach dem die festgesetzte Steuer auf die Gewinne in fünf identischen Jahresraten gezahlt werden kann. Zu dieser Steuerstundungsmöglichkeit hat sich das Bundesfinanzministerium nun in einem neuen Schreiben geäußert. Aufgegriffen werden darin verschiedene Zweifelsfragen, beispielsweise zur Beantragung der Stundung, zur Behandlung von Altfällen, zur Reinvestitionsabsicht und zu Fällen der ausbleibenden Reinvestition.
Privatnutzung von Dienstwagen: BMF beantwortet lohnsteuerliche ZweifelsfragenDie Privatnutzung von Dienstwagen ist für viele Arbeitnehmer ein attraktiver Lohnbestandteil, obgleich damit in aller Regel steuererhöhende Folgen verbunden sind. In einem aktuellen Schreiben hat sich das Bundesfinanzministerium (BMF) zu lohnsteuerlichen Zweifelsfragen bei der privaten Dienstwagennutzung geäußert:
Hinweis: Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Steuerfällen anzuwenden.
Gemeinsam gekaufte Arbeitswohnung: Abschreibung nur für Miteigentumsanteil möglichWer von zu Hause aus arbeitet, darf die Kosten für sein häusliches Arbeitszimmer nur dann unbeschränkt als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehen, wenn sich dort sein Tätigkeitsmittelpunkt befindet. Ansonsten bleibt ihm allenfalls ein begrenzter Raumkostenabzug von maximal 1.250 EUR pro Jahr. Fein raus ist, wer seinen Arbeitsraum als außerhäusliches Arbeitszimmer deklarieren kann, denn dann lassen sich die Kosten in unbeschränkter Höhe absetzen - selbst wenn dort nicht der Tätigkeitsmittelpunkt liegt. Diese günstige Einordnung gelingt beispielsweise, wenn zusätzlich zur Privatwohnung eine separate Arbeitswohnung gekauft oder angemietet wird. Sofern zwischen beiden Wohnungen eine "allgemeine Verkehrsfläche" liegt, die auch Fremde nutzen können (z.B. ein Treppenhaus in einem Mehrfamilienhaus), wird der häusliche Zusammenhang aufgehoben, so dass die Kosten der Arbeitswohnung in voller Höhe absetzbar sind. Hinweis: Steuerfachleute raten allerdings davon ab, eine Arbeitswohnung auf derselben Etage wie die Privatwohnung einzurichten. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung weisen zwei gegenüberliegende Wohnungen im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses weiterhin eine so enge Verbindung zueinander auf, dass die Arbeitswohnung nur noch als ein beschränkt abziehbares häusliches Arbeitszimmer gilt. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) führt vor Augen, dass (Ehe-)Paare beim Kauf von Arbeitswohnungen aber unbedingt auf die Eigentumsverhältnisse und die Finanzierungsmodalitäten achten sollten. Im vorliegenden Fall hatte ein Ehepaar gemeinsam eine Arbeitswohnung gekauft (hälftige Miteigentumsanteile), die dann nur von der Ehefrau beruflich genutzt wurde. Die Darlehen zur Finanzierung hatten beide gemeinsam aufgenommen; Zinsen und Tilgung wurden vom gemeinsamen Konto beglichen. Der BFH entschied, dass die Ehefrau die Schuldzinsen und Abschreibungsbeträge der Arbeitswohnung nur hälftig als Werbungskosten abziehen darf. Hierfür entscheidend war, dass die Wohnung nur in ihrem hälftigen Miteigentum stand, die Finanzierungsdarlehen gemeinsam aufgenommen und Zins und Tilgung von einem gemeinsamen Konto beglichen wurden. Nach Gerichtsmeinung hatte die Ehefrau deshalb nur die hälftigen Aufwendungen verausgabt. Hinweis: Lediglich quotal hat der BFH nur die sogenannten grundstücksbezogenen Aufwendungen anerkannt. Hierzu zählen neben Abschreibung und Schuldzinsen auch die Grundsteuer, allgemeine Reparaturkosten und Versicherungsbeiträge. Unbeschränkt abziehbar blieben hingegen die sogenannten nutzungsorientierten Aufwendungen (z.B. für Energie und Wasser).
Sicherung einer Beitragsrückerstattung: Freiwillig getragene Krankheitskosten sind keine absetzbaren VersicherungsbeiträgeViele privat Krankenversicherte reichen ihre Krankheitskosten bewusst nicht bei ihrer Krankenversicherung ein, um sich später eine Beitragsrückerstattung zu sichern. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) dürfen diese freiwillig getragenen Kosten vom Versicherten jedoch nicht als (Basis-)Krankenversicherungsbeiträge (= Sonderausgaben) abgezogen werden. Geklagt hatte ein privat krankenversichertes Ehepaar aus Baden-Württemberg, das im Jahr 2013 Krankheitskosten von 635 EUR selbst getragen hatte, um in den Genuss einer Beitragsrückerstattung zu kommen. Der BFH lehnte die steuermindernde Berücksichtigung der Kosten mit dem Argument ab, dass nur solche Ausgaben als Versicherungsbeiträge abziehbar seien, die mit der Erlangung des Versicherungsschutzes zusammenhingen. Der BFH bezog sich auf seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2016, nach der im Rahmen eines vertraglich vorgesehenen Selbstbehalts getragene Krankheitskosten nicht als Sonderausgaben abziehbar sind. Das Gericht verwies nun zwar auf den Unterschied, dass der Versicherte
Trotz dieses Unterschieds trägt der Versicherte die Krankheitskosten nach Gerichtsmeinung aber in beiden Fallkonstellationen nicht zur Erlangung des Versicherungsschutzes. Hinweis: Ob freiwillig getragene Krankheitskosten zur Sicherung einer Beitragsrückerstattung zumindest als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind, ließ der BFH offen, weil die Kosten im Urteilsfall ohnehin unter der zumutbaren Belastung (dem Eigenanteil bei außergewöhnlichen Belastungen) lagen.
Übungsleiter-Freibetrag: Ausgaben lassen sich besser absetzenWer nebenberuflich als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder Betreuer (z.B. in einem Sportverein) tätig ist, kann seine Einnahmen bis zu 2.400 EUR pro Jahr steuerfrei beziehen. Dieser Übungsleiter-Freibetrag gilt auch für nebenberufliche künstlerische oder pflegende Tätigkeiten. Ausgaben im Zusammenhang mit der nebenberuflichen Tätigkeit konnten bislang nur dann steuerlich als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abgesetzt werden, wenn sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben über dem Freibetrag lagen. Hinweis: In diesen Fällen dürfen aber nur diejenigen Kosten steuerlich geltend gemacht werden, die oberhalb des Betrags der steuerfreien Einnahmen liegen. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) können Ausgaben im Zusammenhang mit der nebenberuflichen Tätigkeit nun auch dann abgesetzt werden, wenn die Einnahmen unter dem Freibetrag liegen. Geklagt hatte eine Übungsleiterin, die von ihrem Sportverein im Jahr 2012 insgesamt Einnahmen von 1.200 EUR bezogen hatte; der Übungsleiter-Freibetrag lag damals bei 2.100 EUR. Da sie zu Auswärtswettkämpfen mit dem eigenen Pkw fuhr, entstanden ihr Fahrtkosten von insgesamt 4.062 EUR, die sie - zunächst erfolglos - in der Einkommensteuererklärung geltend machte. Nach der Entscheidung des BFH können die Ausgaben auch in dieser Fallkonstellation abgezogen werden, soweit sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen. Zentrale Voraussetzung hierfür ist aber, dass die nebenberufliche Tätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübt wird. Der Übungsleiter muss somit über die gesamte (jahresübergreifende) Dauer seiner Tätigkeit einen Totalgewinn anstreben. Ansonsten würde er sich im Bereich der steuerlich irrelevanten Liebhaberei bewegen, für die keine Kosten abgerechnet werden können. Der BFH verwies den Fall zurück an die Vorinstanz, weil der Punkt der Einkünfteerzielungsabsicht noch geprüft werden muss. Sollte die Übungsleiterin diese Prüfung bestehen, kann sie für 2012 einen steuerlichen Verlust von 2.862 EUR (Ausgaben von 4.062 EUR abzüglich der steuerfreien Einnahmen von 1.200 EUR) geltend machen. Hinweis: Der Urteilsfall zeigt, dass Ausgaben im Zusammenhang mit der nebenberuflichen Tätigkeit auch im Fall von komplett steuerbefreiten Einnahmen abgerechnet werden können, sofern auf Dauer ein Totalgewinn angestrebt wird. Um die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht zu bestehen, dürfen nicht in jedem Jahr hohe Ausgaben anfallen, die über den Einnahmen liegen. Es muss in der Gesamtschau auch etwas "übrigbleiben".
Gewerbesteuer: Erfolglose VerfassungsbeschwerdeWenn Anteile an einer gewerbesteuerpflichtigen Personengesellschaft veräußert werden, kommt es für die Besteuerung darauf an, welche Rechtsform der Verkäufer oder die Verkäuferin hat. So sind Veräußerungen durch natürliche Personen steuerfrei. Ist die Veräußerin dagegen eine Kapitalgesellschaft, so ist der Gewinn aus der Veräußerung des sogenannten Mitunternehmeranteils (des Verkaufspreises abzüglich des anteiligen Eigenkapitals) gewerbesteuerpflichtig. Doch muss nicht etwa die verkaufende Kapitalgesellschaft die Gewerbesteuer zahlen, sondern die Personengesellschaft selbst! Und da die Veräußerin bereits ausgeschieden ist, wenn die Gewerbesteuer zu zahlen ist, bleibt die Zahlung der Gewerbesteuer an den verbleibenden Gesellschaftern der Personengesellschaft "hängen". Dass dies dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und damit dem grundgesetzlich garantierten Gleichheitsgrundsatz widerspricht, wollte eine klagende Kommanditgesellschaft vom Bundesverfassungsgericht bestätigt bekommen, denn bei ihr war genau der obenstehende Fall eingetreten. Die Richter sahen jedoch in der bestehenden gesetzlichen Regelung keinen Verstoß gegen das Grundgesetz. Da der eintretende Gesellschafter die vom veräußernden Gesellschafter aufgedeckten stillen Reserven abschreiben kann und sich diese Abschreibung mindernd auf die Gewerbesteuer auswirkt, sei die Leistungsfähigkeit der Personengesellschaft - über einen langen Zeitraum gerechnet - insgesamt nicht gemindert. Hinweis: Die Klägerin versuchte auch, die Verfassungswidrigkeit über das Argument der rückwirkenden Einführung der Vorschrift feststellen zu lassen. Doch auch das wollten die Richter nicht gelten lassen, denn es handele sich eigentlich nicht um eine Rückwirkung, da die Vorschrift nur versehentlich zwischenzeitlich ausgesetzt worden sei.
Berechnung der Grundsteuer: Einheitsbewertung ist verfassungswidrigIm April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Einheitsbewertung von Grundbesitz als Grundlage für die Grundsteuerberechnung für verfassungswidrig erklärt. Der Grund: Die Einheitswerte werden in den alten Bundesländern noch immer nach den Wertverhältnissen vom 01.01.1964 errechnet. Hinweis: In den neuen Bundesländern wird sogar noch auf Werte vom 01.01.1935 zurückgegriffen. Die Verfassungsrichter bemängelten, dass die Anknüpfung an diese "historischen" Werte zu gravierenden Ungleichbehandlungen führe, weil zwischenzeitlich eingetretene Verkehrswertveränderungen bei der Steuerberechnung unberücksichtigt blieben. Der Gesetzgeber ist nun aufgefordert, spätestens bis zum 31.12.2019 eine gesetzliche Neuregelung zu treffen. Bis zu diesem Zeitpunkt darf das alte (verfassungswidrige) Bewertungssystem weiter angewandt werden. Nach der Verkündung des neuen Gesetzes dürfen die Altregelungen zudem noch für weitere fünf Jahre, längstens jedoch bis zum 31.12.2024, Anwendung finden. Die Bundessteuerberaterkammer begrüßt die Entscheidung des BVerfG und weist darauf hin, dass bereits ergangene Grundsteuerbescheide, die mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen sind, weiterhin Bestand haben. Betroffene Steuerzahler müssen daher nicht handeln, es bleibt bei den bislang festgesetzten Steuerbeträgen. In Reaktion auf das Urteil wiesen die Finanzministerien Baden-Württemberg, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Hessen darauf hin, dass die gesetzliche Neuregelung das bisherige Grundsteueraufkommen der Kommunen sichern muss. Die Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz betonten zugleich, dass ein neues Grundsteuersystem aufkommensneutral gestaltet sein sollte - die Steuerzahler also insgesamt nicht stärker belastet werden dürften als bisher.
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