Aktuelle Mandanteninformation 12/2017
17.11.2017
Aktuelle Mandanteninformation 12/2017Inhalt
Geschenke an Geschäftsfreunde: Finanzämter klammern Pauschalsteuer weiterhin aus 35-EUR-Grenze ausGeschenke unter Geschäftsfreunden sind im Wirtschaftsleben gang und gäbe, um Geschäftsbeziehungen zu fördern und Neukunden zu akquirieren. Müsste der Beschenkte den Wert der Zuwendung später versteuern, wäre der Zweck des Geschenks wohl schnell ins Gegenteil verkehrt, denn kaum jemand freut sich über etwas, für das er später selbst bezahlen muss. Um diese negative Folge auszuschließen, können Schenkende die Steuer auf das Geschenk gleich mitübernehmen. Das Einkommensteuergesetz sieht hierfür die Entrichtung einer 30%igen Pauschalsteuer vor. In einem vielbeachteten Urteil aus dem März 2017 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Frage beschäftigt, ob der Schenkende die gezahlte Pauschalsteuer als Betriebsausgaben absetzen darf. Das Gericht verwies auf die Regelungen zum unangemessenen Repräsentationsaufwand, nach denen Geschenke an Geschäftsfreunde mit einem Wert über 35 EUR (pro Empfänger und Jahr) nicht als Betriebsausgaben abziehbar sind. Die mitgeschenkte Pauschalsteuer darf nach Ansicht des BFH daher nicht als Betriebsausgabe verbucht werden, wenn
die Wertgrenze von 35 EUR übersteigen. Hinweis: Demnach darf der Schenker die Pauschalsteuer also auch dann nicht als Betriebsausgabe abziehen, wenn der Wert des "Hauptgeschenks" zunächst unter 35 EUR liegt und diese Wertgrenze erst nachträglich durch die Pauschalsteuer überschritten wird. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun auf diese Rechtsprechung reagiert und auf seiner Internetseite erklärt, dass die Pauschalsteuer von den Finanzämtern weiterhin nicht in die 35-EUR-Grenze eingerechnet wird. Die Finanzverwaltung hält an einer früheren Vereinfachungsregelung fest, nach der nur der Wert des "Hauptgeschenks" für die Prüfung der 35-EUR-Grenze relevant ist, so dass eine Steuerübernahme durch den Schenkenden kein Betriebsausgabenabzugsverbot begründen kann. Hinweis: Die Auffassung des BMF ist eine gute Nachricht für Unternehmen, die Kunden und Geschäftsfreunde beschenken und die Steuer darauf übernehmen. Für die Frage des Betriebsausgabenabzugs ist allein relevant, ob der Wert des "Hauptgeschenks" über oder bei maximal 35 EUR liegt.
Dienstwagen: Auch individuelle Arbeitnehmer-Zuzahlungen sind jetzt abziehbarZahlen Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber ein Nutzungsentgelt dafür, dass sie ihren Dienstwagen privat nutzen dürfen, können sie diese Zuzahlungen von ihrem geldwerten Nutzungsvorteil abziehen. Dies gilt sowohl bei der 1-%-Methode als auch bei der Fahrtenbuchmethode. Die Finanzämter akzeptierten einen Abzug bislang aber nur, wenn das Nutzungsentgelt pauschal (z.B. 100 EUR pro Monat) oder nach der tatsächlichen Nutzung des Dienstwagens (z.B. 0,10 EUR pro privat gefahrenem Kilometer) bemessen wurde oder der Arbeitnehmer die Leasingraten des Dienstwagens übernommen hatte. Wurden hingegen individuelle Kosten (z.B. für das Tanken, die Reparatur, die Kfz-Versicherung oder die Wagenwäsche) selbst getragen, ließen die Ämter diese bislang nicht zum vorteilsmindernden Abzug zu. Diese strenge Gangart hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun aufgrund der neuen, anderslautenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aufgegeben. Nach einem neuen BMF-Schreiben dürfen Arbeitnehmer ab sofort in allen offenen Fällen auch ihre individuellen Zuzahlungen vom Nutzungsvorteil abziehen. Hinweis: Das gilt auch für Kfz-Kosten, die zunächst vom Arbeitgeber verauslagt und anschließend an den Arbeitnehmer weiterbelastet werden. Sofern der Nutzungsvorteil nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt wurde, ist dieser vorteilsmindernde Abzug aber nur zulässig, wenn die selbstgetragenen Kfz-Kosten zuvor in die Gesamtkosten des Kfz (= die Bemessungsgrundlage für den Nutzungsvorteil) eingerechnet worden sind. Hinweis: Arbeitnehmer, die ihre individuellen Zuzahlungen absetzen wollen, sollten für steuerliche Zwecke sämtliche Belege aufbewahren, aus denen sich ihre Kostenübernahme ergibt (z.B. Tankquittungen, Kreditkartenabrechnungen, Kontoauszüge). Für die steuerliche Anerkennung der Zuzahlung ist zudem wichtig, dass sie (arbeits-)vertraglich festgelegt worden ist.
Entfernungspauschale: Was bei Fahrgemeinschaften zu beachten istWenn Arbeitnehmer sich einer Fahrgemeinschaft anschließen, profitieren sie gleich doppelt: Sie sparen nicht nur Benzinkosten, sondern können obendrein noch die Entfernungspauschale als Werbungskosten absetzen. Nach dem Einkommensteuergesetz ist es für den Kostenabzug unerheblich, ob der Arbeitnehmer selbst fährt oder sich im Auto eines anderen mitnehmen lässt. Jeder Teilnehmer einer Fahrgemeinschaft kann seine Entfernungsstrecke zur Arbeit daher mit 0,30 EUR pro Kilometer und Tag in der Einkommensteuererklärung abrechnen. Hinweis: Umwegfahrten zum Einsammeln oder Absetzen von Mitfahrern dürfen dabei allerdings nicht zusätzlich angesetzt werden. Für das Finanzamt zählt lediglich der kürzeste Weg von der jeweiligen Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers. Eine längere Strecke kann nur zugrunde gelegt werden, wenn sie regelmäßig genutzt wird und verkehrsgünstiger ist (z.B. wegen starken Berufsverkehrs oder einer Großbaustelle auf der kürzeren Strecke). Ob man Fahrer oder Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft ist, spielt allerdings für den jährlich absetzbaren Maximalbetrag der Entfernungspauschale eine Rolle. Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft dürfen maximal 4.500 EUR Fahrtkosten pro Jahr absetzen. Für Fahrer, die ihren eigenen Wagen einsetzen, gilt diese Begrenzung nicht. Beispiel "Fahrgemeinschaft mit nur einem Fahrer": Die Kollegen A und B bilden eine Fahrgemeinschaft und fahren an 210 Arbeitstagen gemeinsam zu ihrem 80 km entfernt liegenden Arbeitsort. An allen Tagen fährt A mit seinem eigenen Wagen, B ist stets der Mitfahrer. A kann den vollen Betrag von 5.040 EUR (0,30 EUR x 80 km x 210 Tage) als Werbungskosten absetzen. Bei Mitfahrer B ist der Kostenabzug auf einen Höchstbetrag von 4.500 EUR gedeckelt. Abwandlung "Fahrgemeinschaft mit wechselnden Fahrern": Gleiches Beispiel wie oben, nur wechseln sich A und B nun regelmäßig mit dem Fahren ab und setzen dabei jeweils ihr eigenes Fahrzeug ein. A kann seine Fahrten als Fahrer unbeschränkt mit 2.520 EUR (0,30 EUR x 80 km x 105 Tage) abziehen. Für seine Fahrten als Mitfahrer muss die 4.500-EUR-Grenze überprüft werden. Die Kosten für diese Fahrten liegen aber mit ebenfalls 2.520 EUR (0,30 EUR x 80 km x übrige 105 Tage) deutlich darunter, so dass in der Summe 5.040 EUR als Werbungskosten abgerechnet werden können. Dieselbe Rechnung gilt für B. Hinweis: Die Beispielsfälle zeigen, dass es sich steuerlich lohnen kann, sich mit dem Fahren abzuwechseln. Dies gilt insbesondere bei längeren Fahrtstrecken, bei denen eine Kostenkappung aufgrund der 4.500-EUR-Grenze droht.
Häusliches Arbeitszimmer: Bei mehreren Tätigkeiten ist Höchstbetrag von 1.250 EUR nicht aufzuteilenViele Arbeitnehmer verdienen sich durch Nebentätigkeiten etwas Geld hinzu - die Zahl der "Multijobber" steigt in Deutschland seit Jahren an. Nutzt ein Arbeitnehmer sein häusliches Arbeitszimmer für mehrere Jobs, stellt sich schnell die Frage nach der Absetzbarkeit der Raumkosten. Nach dem Einkommensteuergesetz sind Kosten für häusliche Arbeitszimmer nur dann unbeschränkt als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn der Raum der Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit ist. Liegt der Tätigkeitsmittelpunkt woanders, steht dem Steuerzahler für seine Tätigkeit jedoch kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Raumkosten immerhin beschränkt mit maximal 1.250 EUR pro Jahr absetzbar. In allen anderen Fällen können die Raumkosten nicht steuermindernd geltend gemacht werden. Dem Bundesfinanzhof (BFH) lag nun der Fall eines (Vollzeit-)Arbeitnehmers vor, der sein häusliches Arbeitszimmer für seine Angestelltentätigkeit und für seine nebenberufliche schriftstellerische Tätigkeit genutzt hatte. Da der Tätigkeitsmittelpunkt nicht in seinem häuslichen Arbeitszimmer lag, machte der Mann Raumkosten in Höhe von 1.250 EUR als Betriebsausgaben bei seiner schriftstellerischen Tätigkeit geltend. Nachdem das Finanzamt den gesamten Betrag aberkannt hatte, klagte der Mann und erzielte zunächst einen Etappenerfolg: Das Finanzgericht entschied in erster Instanz, dass der Höchstbetrag nach dem zeitlichen Nutzungsumfang auf die beiden Tätigkeiten aufgeteilt werden müsse. Da für den Schriftstellerjob eine 50%ige Nutzung anzunehmen sei, dürften die Raumkosten nur mit maximal 625 EUR (halber Höchstbetrag) abgesetzt werden. Der Mann ging in Revision und erhielt nun vom BFH in vollem Umfang recht. Nach Ansicht der Bundesrichter müssen die entstandenen Raumkosten zwar zunächst nach den zeitlichen Nutzungsanteilen auf die Tätigkeiten aufgeteilt werden, eine entsprechende Aufteilung des Höchstbetrags darf aber nicht erfolgen. Für die vorliegende Konstellation, in der für die Angestelltentätigkeit kein Raumkostenabzug möglich ist (kein Tätigkeitsmittelpunkt und vorhandener Alternativarbeitsplatz) und für die selbständige Tätigkeit ein beschränkter Raumkostenabzug gilt, darf der Höchstbetrag von 1.250 EUR komplett bei letzterer Tätigkeit beansprucht werden. Hinweis: Steht einem Multijobber für beide Tätigkeiten ein beschränkter Raumkostenabzug zu, darf er den Höchstbetrag von 1.250 EUR allerdings nicht zweifach abziehen.
Haustür: Herstellung und Einbau als Handwerkerleistungen absetzenAls Hauseigentümer sind Sie von Ihrem Steuerberater sicherlich schon häufiger nach ausgeführten Handwerkerleistungen gefragt worden. Denn pro Jahr hat jeder Steuerpflichtige die Möglichkeit, Aufwendungen für Handwerker bis zu einem Betrag von 6.000 EUR bei der Steuererklärung anzusetzen. Die Einkommensteuer wird dadurch in Höhe von 20 % der Aufwendungen - also um bis zu 1.200 EUR - gemindert. Voraussetzung für einen Ansatz der Handwerkerleistungen ist einerseits, dass es sich um Aufwendungen für Leistungen handelt, die durch Handwerker erbracht werden - zum Beispiel die Wartung der Heizungsanlage, das Malern oder Streichen von Zimmern oder die Montage von Bauteilen. Andererseits müssen die Aufwendung unbar bezahlt worden sein - also am besten per Überweisung. Aber nicht alles, was ein Handwerker in Rechnung stellt, ist auch begünstigt. So sind Materialkosten grundsätzlich nicht abzugsfähig. Auch Dienstleistungen, die außerhalb des eigenen Haushalts anfallen, sind nicht zum Abzug zugelassen. Wie kürzlich das Finanzgericht Nürnberg klargestellt hat, muss dabei fein unterschieden werden. In dem Streitfall hatten Hauseigentümer eine Tür austauschen lassen. Natürlich wurde diese Tür im Haushalt eingebaut - der Einbau der Tür war also eine begünstigte Leistung. Allerdings wurde die Tür vorab in der Werkstatt des Tischlers hergestellt, und diese Leistung, die ja außerhalb des Haushalts anfiel, wird von der Begünstigung nicht erfasst. Für die Hauseigentümer führte dies sogar dazu, dass sämtliche Kosten nicht anerkannt werden konnten. Denn eine Aufteilung der Gesamtleistung in "im Haushalt erbrachte" und "außerhalb des Haushalts erbrachte" Leistungen konnte anhand der Rechnung nicht vorgenommen werden. Das ging zu Lasten der klagenden Hauseigentümer: Die Handwerkerleistungen konnten insgesamt nicht geltend gemacht werden.
Verluste aus gewerblichem Grundstückshandel: Gewinnerzielungsabsicht darf nicht entfallenIn der Regel liegt es im Interesse des Steuerzahlers, dass seine Grundstücksverkäufe dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zugerechnet werden, so dass Wertzuwächse nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist steuerfrei vereinnahmt werden können. Stuft das Finanzamt die Tätigkeit jedoch als gewerblichen Grundstückshandel ein, müssen Wertzuwächse ungeachtet der Haltefrist stets versteuert werden und unterliegen zudem der Gewerbesteuer. Dass es ausnahmsweise im Interesse des Steuerzahlers liegen kann, dass das Finanzamt einen gewerblichen Grundstückshandel annimmt, zeigt ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH). Vorliegend hatte ein Vermessungsingenieur im Jahr 1992 ein unbebautes Grundstück erworben, das er anschließend mit einem Büro- und Boardinghaus bebauen wollte. Sein Plan war es, das Grundstück mitsamt des noch zu errichtenden Gebäudes an eine GmbH zu veräußern, was jedoch misslang. Auch alle weiteren Verkaufs- und Vermietungsbemühungen in den Folgejahren schlugen fehl. Der Ingenieur erklärte die Schuldzinsen für das Grundstück als Betriebsausgaben im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels, was das Finanzamt zunächst akzeptierte. Als er jedoch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2005 ein Gutachten eines Bausachverständigen über einen erheblich gesunkenen Verkehrswert des Grundstücks vorlegte und auf dieser Grundlage eine Teilwertabschreibung von rund 100.000 EUR als Betriebsausgaben verbuchen wollte, spielte das Amt nicht mehr mit und erkannte den Verlust aus dem gewerblichen Grundstückshandel ab. Der BFH folgte nun dieser Auffassung und stellte entscheidend darauf ab, dass die für einen gewerblichen Grundstückshandel erforderliche Gewinnerzielungsabsicht nachträglich entfallen sei. Nachdem der Verkauf an die GmbH gescheitert war, hatte eine kontinuierliche Verlustperiode begonnen. Der Ingenieur hatte auf die Vermarktungsschwierigkeiten nur unzureichend reagiert und durch seinen "Planungsstillstand" zu erkennen gegeben, dass seine Betriebsführung nicht mehr ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit ausgerichtet war. Zwar darf er während einer anfänglichen "Durststrecke" noch an seinem ursprünglichen Bebauungs- und Vermarktungsplan festhalten, mit der Zeit hätte er aber andere Strategien entwickeln müssen, um seinem gewerblichen Grundstückshandel noch zum wirtschaftlichen Erfolg zu verhelfen. Hieran fehlte es, weil er das Grundstück lediglich sich selbst überlassen hatte und mehr auf glückliche Umstände als auf konkrete Pläne gebaut hatte. Seine Aktivitäten hatten sich in der Hoffnung erschöpft, durch Verkaufsinserate irgendwann einen Zufallstreffer zu landen. Hinweis: Wer Verluste im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels als Betriebsausgaben abrechnen will, muss also aktive Vermarktungsbemühungen an den Tag legen und bei Fehlschlägen geänderte Verkaufskonzepte entwickeln.
Steuerstundungsmodelle: Hohe (negative) Zwischengewinne beschränken nicht automatisch die VerlustverrechnungVerluste aus sogenannten Steuerstundungsmodellen dürfen nach dem Einkommensteuergesetz nur mit (künftigen) Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden. Diese Beschränkung der Verlustverrechnung gilt auch für Kapitaleinkünfte. Ein vermögendes Ehepaar aus Baden-Württemberg hat nun vor dem Bundesfinanzhof (BFH) erstritten, dass es seine Fondsverluste ungeachtet dieser Regelung uneingeschränkt verrechnen darf. Die Eheleute hatten in den Jahren 2007 und 2008 für rund 2,1 Mio. EUR Anteile an einem Investmentfonds nach Luxemburger Recht erworben. In der Einkommensteuererklärung 2008 verrechneten sie den gezahlten (negativen) Zwischengewinn von 178.000 EUR mit ihren positiven Kapitalerträgen aus dem Fonds und mit weiteren positiven Kapitalerträgen. Das Finanzamt stufte die Fondsbeteiligung jedoch als Steuerstundungsmodell ein und ließ eine Verrechnung der negativen Einkünfte nur mit den Fondserträgen zu - den verbleibenden Verlustvortrag stellte es gesondert fest. Es vertrat den Standpunkt, dass der Fonds gezielt aufgelegt worden sei, um eine "Steuersatzspreizung" auszunutzen. Der BFH urteilte jedoch, dass das Verbot zur (weiter gehenden) Verlustverrechnung nicht greift, da kein Steuerstundungsmodell vorlag. Für die Annahme eines solchen Modells reicht es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht aus, dass eine der Fachwelt bekannte Steuergestaltungsidee mit dem Ziel einer sofortigen Verlustverrechnung aufgegriffen wird. Vielmehr kann ein Steuerstundungsmodell nur vorliegen, wenn eine umfassende und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichtete Investitionskonzeption erstellt wird. Vorliegend war nicht feststellbar, dass der Fonds gezielt aufgelegt worden war, um einen Steuerspareffekt zu erzielen. Sein Vertrieb war nicht auf Deutschland beschränkt, obgleich ein Steuervorteil nur von Anlegern hierzulande erzielt werden konnte. Zudem wies das Aktienportfolio überwiegend namhafte börsennotierte Unternehmen auf, was eine dauerhafte Auszahlung von Dividenden gewährleistete.
Verlustuntergang: Ist auch der vollständige Verlustwegfall verfassungswidrig?Die aktuelle Regelung zum Verlustwegfall soll missbräuchlichen Gestaltungen (sog. Mantelhandel) vorbeugen und enthält zwei Varianten:
Dass der anteilige Verlustuntergang verfassungswidrig ist, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auf eine Vorlage des Finanzgerichts Hamburgs (FG) hin bereits am 29.03.2017 entschieden. Nunmehr nimmt das FG einen zweiten Anlauf und zwar bezüglich des vollständigen Verlustuntergangs. Die Richter aus Norddeutschland sind fest von der Verfassungswidrigkeit überzeugt und blicken hoffnungsvoll nach Karlsruhe. In Bezug auf den anteiligen Verlustuntergang hatten die Richter des BVerfG dem Gesetzgeber die Aufgabe übertragen, die Verfassungswidrigkeit durch eine Gesetzesänderung bis zum 31.12.2018 zu beseitigen - und zwar rückwirkend. Sollte auch der vollständige Verlustuntergang verfassungswidrig sein, erweitern die Richter voraussichtlich diesen Auftrag.
Brezelverkauf auf Oktoberfest: BFH wendet 7%igen Umsatzsteuersatz anGastronomen streiten häufig mit ihren Finanzämtern über die Frage, ob ihre Umsätze dem 7%igen oder dem 19%igen Umsatzsteuersatz unterliegen. Welche Merkmale bei dieser Abgrenzung relevant sind, zeigt ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem es um den Verkauf von Brezeln auf dem Oktoberfest ging. Geklagt hatte ein Gastronom, der in den Jahren 2012 und 2013 mehrere Verkaufsstände in Festzelten auf dem Oktoberfest gepachtet hatte, um von dort Brezeln ("Wiesnbrezn") zu verkaufen. Um seine Ware direkt an die Festzeltbesucher zu bringen, setzte er sogenannte "Breznläufer" ein, die durch die Reihen des Festzelts gingen. Während der Gastronom seine Umsätze mit 7 % versteuern wollte, wandte sein Finanzamt den 19%igen Steuersatz an und argumentierte, dass ihm die Infrastruktur der Festzeltbetreiber (Zelt mit Biertischgarnituren und Musik) zuzurechnen sei und er deshalb einen (regulär zu besteuernden) restaurantähnlichen Umsatz bewirkt habe. Eine ermäßigt zu besteuernde bloße Lieferung von Speisen schloss das Finanzamt wegen der vorhandenen "Verzehrvorrichtungen" aus. Der BFH nahm umsatzsteuerrechtlich jedoch eine Lieferung von Backwaren an und gestand dem Gastronomen daher den 7%igen Umsatzsteuersatz zu. Nach Gerichtsmeinung durfte dem Gastronomen die Infrastruktur der Bierzelte nicht zugerechnet werden, weil diese den Gastronomieumsätzen des Festzeltbetreibers diente. Es handelte sich für den klagenden Gastronomen also um fremde Verzehrvorrichtungen, an denen er kein eigenes Mitbenutzungsrecht hatte. Er konnte seinen Kunden keine Sitzplätze im Festzelt zuweisen. Ferner war davon auszugehen, dass die Käufer der Brezeln die Biertischgarnituren nur hatten nutzen können, wenn sie zusätzliche Leistungen des Festzeltbetreibers in Anspruch nahmen (z.B. Kauf einer Maß Bier). Hinweis: Die Urteilsgrundsätze beziehen sich zwar auf die Streitjahre 2012 und 2013, sind aber nach wie vor relevant. Gastronomen können in vergleichbaren Fallkonstellationen demnach eine 7%ige Umsatzversteuerung erreichen.
EuGH-Vorlage zur Umsatzsteuer: Ist die Sollbesteuerung mit dem Unionsrecht vereinbar?Wenn Unternehmer der sogenannten Sollbesteuerung unterliegen, entsteht die Umsatzsteuer auf ihre Umsätze bereits bei Leistungserbringung, und zwar unabhängig von der Frage, ob sie das Entgelt vom Kunden bereits vereinnahmt haben. Sie müssen die Umsatzsteuer daher vorfinanzieren, wenn der Geldeingang nicht zeitgleich mit der Leistungserbringung erfolgt. Eine Vermittlerin von Profifußballspielern wollte diesen Umstand nicht hinnehmen und hat gegen die Sollbesteuerung nun den Klageweg beschritten. Sie hatte im Jahr 2012 mehrere Spieler vermittelt; die hierauf entfallenden Provisionsanteile von insgesamt 57.500 EUR standen ihr vertragsgemäß jedoch erst im Jahr 2015 zu. Die spätere Zahlung setzte zudem voraus, dass der Arbeitsvertrag zwischen Verein und Spieler bis dahin fortbestand. Das Finanzamt unterwarf die Provisionsforderungen bereits im Jahr 2012 der Umsatzsteuer, so dass die Spielervermittlerin erhebliche Steuerbeträge zahlen sollte, obwohl sie die Provisionszahlungen voraussichtlich erst Jahre später beanspruchen konnte. Der Bundesfinanzhof hat diese jahrzehntelang geübte Besteuerungspraxis nun angezweifelt. Fraglich erscheint den Bundesrichtern, ob die Sollbesteuerung mit den bindenden Vorgaben des Unionsrechts vereinbar ist. Sie legten dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) daher unter anderem die Frage vor, ob ein Unternehmer verpflichtet ist, die für seine Leistungen geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vorzufinanzieren, wenn er die Vergütung (teilweise) erst zwei Jahre nach Entstehen des Steueranspruchs erhalten kann. Hinweis: Die EuGH-Vorlage ist von erheblicher Praxisrelevanz und bezieht sich in erster Linie auf bedingte Vergütungsansprüche. Relevant ist das Verfahren aber auch für befristete Zahlungsansprüche (z.B. beim Ratenverkauf im Einzelhandel) oder für einzelne Formen des Leasings. Auch hier besteht für den leistenden Unternehmer unter dem Regime der Sollbesteuerung die Pflicht, die Umsatzsteuer bereits bei Übergabe der Ware vollständig abzuführen - selbst dann, wenn er einzelne Ratenzahlungen erst über eine Laufzeit von mehreren Jahren vereinnahmen kann.
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